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In Vodka Veritas

Freiheit ist schön. Herkunft und Geld ist aber noch viel, viel schöner!

Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit. In der klassischen Theologie gelten diese Charaktereigenschaften immer noch als Todsünden. Gut, die Kirche hat als moralische Instanz seit längerem ausgedient.

Also warum dann nicht alle 7 Laster innerhalb eines Abends ausleben?

Bloß wie geht das?

Wie kriegen zwei erwachsene, recht weltoffene, liberale, aus der bürgerlichen Mitte stammende Geschwister es hin, ein so pietätloses Verhalten an den Tag zu legen? Es ist eigentlich ganz einfach. Man vererbt ihnen ein Haus.

Man vererbt ihnen ein großes wunderbares Haus, in dem sie beide aufgewachsen sind. Dann lässt man sie allein mit diesem Haus. Wartet, bis die letzten Gäste der Beerdigung gegangen sind und das Haus vollkommen still ist.

Gut, da ist das mäßigende Bild des Wassers am Ende des Grundstücks. Kaltes Wasser, in dem ihr Vater sein Leben beendet hat. Nur wirken diese Dinge nicht besonders lange nach. Außerdem ist noch reichlich Vodka im Haus und wer will es den beiden Schwestern übel nehmen, dass sie das ein oder andere Glas auf ihren Vater trinken. Außerdem wärmt der Vodka so schön und macht es einfacher, sich einander zu offenbaren.

Und da wären wir: 7 Todsünden in weniger als zwei Stunden. Zugegeben: die Wollust scheint eher der einen Schwester zu liegen, dafür aber der anderen um so mehr die Völlerei.

Haben Sie geerbt?

Wissen Sie, was ein Verfügungsunterlassungsvermächtnis ist?

Nein? Seien Sie froh!

 

Stücklänge: 2 Std., keine Pause

Foto: Bo Lahola

 

Interview mit Karoline Eichhorn über ihre „Vodkagespräche“

v. li.: Arne Nielsen, Catrin Striebeck, Karoline Eichhorn, Jonas Landerschier Foto: Christian Schoppe

Sie sind mit „Die Vodkagespräche“ wieder in den Hamburger Kammerspielen zu Gast. Warum sollten sich die Zuschauer die neue Chance auf das Stück auf keinen Fall entgehen lassen?

Zuschauer, die das Stück schon öfter gesehen haben, finden den Abend nie gleich. Wir spielen jedes Mal ein bisschen anders, auch ist das Publikum jedes Mal in einer anderen Tagesform. Wer es zum ersten Mal sieht, wird vermutlich das Theater mit dem Gedanken verlassen, dass es durchaus von Vorteil es sein kann, nichts zu erben. Außerdem erlebt man einen leidenschaftlichen Diskurs über Herkunft, Religion und Freiheit und wird vielleicht erleichtert feststellen, dass es ganz gut sein kann, nicht Papas Liebling (gewesen) zu sein. Im besten Fall lacht man laut auf über ein Wortungetüm wie „Verfügungsunterlassungsvermächtnis“.

Der Stoff des Stücks ist wirklich genial gewählt. Was war der Anlass?

Am Anfang standen die Worte Mami und Papi. Wenn man über Jahre Erwachsene immer wieder so reden hört, wird man misstrauisch und fragt sich, ob diese Personen ihre Eltern wirklich lieben oder ob andere Dinge dahinterstecken. Und im Zuge unserer – sagen wir Mal „soziologischen“ – Suche, konnten wir feststellen, dass bei Erwachsenen, die unentwegt von Mami und Papi sprechen, oft eine größere Erbschaft im Raum steht. Darauf angesprochen haben die nicht selten gereizt reagiert, und, um nicht berechnend zu wirken, auf ihren Altruismus und ihre Unabhängigkeit gepocht. Nach einem solchen diskursiven Reinigungsfuror haben wir dann gedacht, dem müsste man eigentlich nur ein paar Promille Alkohol beimischen und der explosive Cocktail aus subjektiven und objektiven Wahrheiten wäre fertig.

Foto: Joachim Flicker

Was verbindet, was trennt die Schwestern?

Im sozialen Gefüge zwischen Geschwistern gibt es Determinierungen, aus denen herauszuwachsen schwierig ist. Auch im Falle von Edda und Freya stehen die unterschiedlichen Lebensentwürfe sich wie gegenseitige gegenüber: „Ich bin in die große Welt gezogen und du hockst noch zu Hause.“ Das sind vertraute Narrative. Da versucht die eine ‚freiheitsliebende‘ Schwester ihren Nonkonformismus unter Beweis zu stellen, während die andere in ihrer selbstgewählten Bürgerlichkeit erstaunlich gut gedeiht. Sie sollten in dieser Lage nichts trinken, tun es aber. Und so gerät das Gedenken Ihres Vaters zu einer Selbstinszenierung. Sie reden zwar stellvertretend über Rollkoffer oder die modische Aussage der Kombi aus Kurzarmhemd und Fahrradhelm, aber in Wirklichkeit geht es Ihnen um Distinktionsgewinne. Gewiss nicht um die Liebe zum Vater.

Das politische Erbe des Vaters könnte für zusätzlichen Sprengstoff sorgen.

Das ist schwierig zu sagen, da die Schwestern sich leider nicht für sein politisches Vermächtnis interessieren. Schlussendlich reden sie über die eigenen Gewinne und Verluste.

Wie stark zehrt es an Ihren emotionalen Ressourcen als Schauspielerin, eine Betrunkene zu spielen?

Es zehrt nicht, es beflügelt.

Was leisten die komischen Elemente für den Ausgang der Geschichte?

Die komischen Momente müssen in unserem Stück nicht die Träger für die ernsten Momente sein. Vielmehr sind die sogenannten ernsten Momente Träger der komischen oder – wie steht es bei Hesse: „Heiterkeit ist weder Tändelei, noch Selbstgefälligkeit. Sie ist höchste Erkenntnis!“

Was meinen Sie, sagen Betrunkene immer die Wahrheit?

Ja, das Gesagte mag nicht stimmen, aber die Emotionen dahinter sicherlich schon.

 

Hamburg im August 2022

Nüchern betrachtet: Ein sehr komischer, durchaus auch trauriger, alles in allem ziemlich phänomenaler Abend. Hamburger Abendblatt

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